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Zurück "Gammelzeit"

Frage:

 Mein Sohn (15) betrachtet die Corona-bedingten Schulschließungen nach eigenen Worten als 'Ferien'. Er liegt den ganzen Tag nur auf der Couch und sagt, er habe nichts zu tun. Ich selber bin alleinerziehend und arbeite halbtags in einem medizinischen Beruf, bin daher vormittags außer Haus. Wenn ich mittags heimkomme, sehe ich ihn herumgammeln. Spreche ich ihn darauf an und will klarstellen, dass er sich weiter anstrengen muss, um den Anschluss nicht zu verlieren, wird er nur wütend. Wir geraten fast täglich darüber in Streit. Es fällt mir zunehmend schwer, sein Nichtstun auszuhalten. Wie kann ich ihn motivieren?

 

Das Team der Beratungsstelle antwortet:

Ihre Sorge teilen derzeit sicherlich viele Eltern. Wir bekamen diese Frage so oder so ähnlich betreffend Hausaufgaben und Lernen auch in der Zeit vor Corona häufig gestellt.

So wie Sie die Situation beschreiben, droht eine Eskalationsspirale. Dadurch würde langfristig die Eltern-Kind-Beziehung leiden und das Thema Schule auf beiden Seiten andauernden Stress verursachen. Das wiederum macht über kurz oder lang dünnhäutiger und reizbarer, wodurch heftige Konflikte auch um Kleinigkeiten mit zunehmender Wahrscheinlichkeit und in immer kürzeren Abständen auftreten. Wenn Sie aus dieser Spirale aussteigen wollen, gilt es zunächst auf der Basis einer guten Beziehung wiedereinzusteigen. Umso mehr, als Jugendliche dieses Alters nur auf dieser Ebene wirkungsvoll erreicht werden können.

Konkret bedeutet das, Anlässe zu schaffen, mit Ihrem Sohn wieder wohlwollend ins Gespräch zu kommen, sich seine Ansichten, Pläne aber auch Sorgen und Nöte anzuhören, ohne zu bewerten oder sofort gute Ratschläge parat zu haben. Möglicherweise ist er gar nicht so untätig wie es scheint oder er kommt mit der Art und Weise des „Homeschooling" nicht zurecht. Vielleicht fehlt ihm eine orientierende Tagesstruktur oder er hatte schon vor Corona schulische Schwierigkeiten, die sich nun nur umso deutlicher zeigen? Was auch immer dahinter steckt – es ließe sich nur durch Zuhören und Verständnis zeigen klarer eingrenzen.

Für Sie selber könnte es entscheidend sein, sich aus der ebenso fruchtlosen wie zermürbenden Rolle der permanenten Antreiberin zu befreien. Möglich wäre das, indem Sie ihm die Verantwortung für „seine" Schule übertragen und selber nur noch bei Fragen zur Verfügung stehen. Zugegeben: das ist ein schwieriger Schritt, denn er bedeutet ein Stück weiter loszulassen, nicht mehr alles unter Kontrolle zu haben. Was es Eltern leichter machen kann ist, die nunmehr frei gewordene Zeit bewusst für sich und damit für die eigene Ausgeglichenheit zu nutzen. Das ist kein Egoismus, sondern lebensnotwendiges Wiederauftanken, was letztlich doch auch wieder Ihrem Kind zu Gute kommt.

Außerdem könnte es Ihnen beiden gut tun, öfter zusammen etwas Schönes zu unternehmen. Vielleicht gibt es gemeinsame Interessen, die unter dem Dauerkonflikt hintenanstehen mussten, vielleicht könnten Sie sich sogar vorstellen, mal miteinander zu zocken?

Sind Sie sich über eine entspanntere Beziehung wieder näher gekommen, ist es leichter möglich mit dem Sohn auch über seine mangelnde Motivation zu sprechen – und wer kennt diese nicht auch von sich selbst hin und wieder? Kann sein, dass er selber schon Ideen hat, wie er sich motivieren könnte, fragen Sie ruhig erst mal nach. Falls es nötig erscheint, könnten Sie mit ihm auch einen passenden äußeren Anreiz überlegen, damit er ein Ziel vor Augen hat, auf das er gerne hinarbeitet, z. B. ein Mopedführerschein oder ähnliches. Was hierbei zu beachten ist: Sie dürfen nicht wieder in die Rolle der Antreiberin oder Kontrolleurin rutschen und die Anstrengung, also das Lernen selber, wird in regelmäßigen überschaubaren Einheiten (z. B. mit Gutscheinen) belohnt, nicht die Note am Schuljahresende. Hierzu ein kleines Beispiel: Ihr Sohn lernt täglich eine bestimmte Anzahl Vokabeln und lässt sich diese (freiwillig!) von Ihnen abfragen. Sie beide legen vorher fest, wie viele er richtig haben muss, um einen weiteren Gutschein auf dem Weg zum großen Wunsch zu sammeln.

Und noch ein Gedanke: den anderen Elternteil haben Sie zwar nicht erwähnt, sollte er aber verfügbar sein, wäre eventuell auch zu überlegen, ob zeitweises Wohnen beim Vater eine festgefahrene häusliche Lage entspannen helfen könnte.

Und sollte Ihr Sohn tatsächlich darauf beharren, dass er bei Ihnen zu Hause „herumgammeln" möchte, dürfen Sie ihm ebenso bestimmt zu verstehen geben: wenn er bei Ihnen wohnt und sonst nichts zu tun hat, ist seine tatkräftige Mitarbeit im Haushalt gefordert – zumal Sie ja selber auch noch beruflich eingespannt sind.