Unbändig lustig - Dingolfing
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Aktuelle Frage
Frage:
Die Mutter eines lebhaften 2-jährigen Jungen stellt folgende Anfrage an die Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern:
Mit meinem Kleinen ist es mitunter zum Verzweifeln. Wenn ich mit ihm schimpfen muss, zum Beispiel weil er auf den Tisch kraxelt während ich koche, lacht er mich aus. Ich hole ihn dann immer wieder zurück und versuche ihn abzulenken, damit ich nicht so viel schimpfen muss. Ich vermute, er will in solchen Situationen vor allem meine Aufmerksamkeit. Ähnlich reagiert er auf mein Schimpfen aber auch, wenn wir zuvor entspannt gemeinsam gespielt haben. Wie kann ich mir sein Lachen erklären und wie reagiere ich richtig darauf?
Das Team der Beratungsstelle antwortet:
Vielen Dank für Ihre spannende Frage. Vielleicht ist Ihnen gar nicht bewusst, wie häufig dieses Phänomen ist, das Sie damit ansprechen. Leider führt es zu vielen Missverständnissen zwischen Eltern und Kindern.
Ihre Methode, Ihr Kind abzulenken, um Schimpfen zu vermeiden, kann schon in die richtige Richtung gehen, sofern sie nicht zum Selbstläufer wird und das Kind unbewusst lernt: Wenn Mama gerade beschäftigt ist, lenke ich ihre Aufmerksamkeit auf mich, dann denkt sie sich was Schönes für mich aus… Ansonsten ist Ablenken dem Alter von 2 Jahren durchaus angemessen – der Trick „aus den Augen aus dem Sinn" funktioniert noch häufig und kann einer Konflikteskalation vorbeugen.
Wie kann man sich aber nun das scheinbar unpassende Lachen erklären? Eine Theorie lautet folgendermaßen: ist ein Kind zwischen zwei Handlungsalternativen hin- und hergerissen – in Ihrem Beispiel also weiter auf den Tisch zu kraxeln oder damit aufzuhören – zeigt es manchmal Reaktionen, die mit dem aktuellen Verhalten nichts zu tun haben. Das kann eben dieses Lachen sein, das so gesehen nicht provokativ und auch nicht als Auslachen oder Fröhlichkeit gemeint ist. Vielmehr handelt es sich um eine Beschwichtigungsgeste, die die Situation, also das Schimpfen, entschärfen soll. Leider häufig mit dem gegenteiligen Effekt. Wird es von der Bezugsperson als „freches Grinsen" oder Auslachen interpretiert, führt es über den Ärger, der damit einhergeht, häufig zu noch mehr Schimpfen, in der Steigerung zu Brüllen oder schlimmstenfalls sogar zu Gewalt gegenüber dem Kind.
Für Eltern, die aus der Brüllfalle heraus oder gar nicht erst hineingeraten wollen, ist ein weiterer Zusammenhang wichtig:
Wie wir das Verhalten eines Kindes interpretieren, was es in uns auslöst, zum Beispiel im Falle von sich ausgelacht sehen oft Gefühle von Wut, Ärger, Hilflosigkeit, hat einen starken Einfluss darauf, wie wir letztlich reagieren. Ist die Wut erst mal hochgekocht, können auch wir Erwachsene uns nicht mehr so leicht bremsen und reagieren schnell mal auf eine Weise, die wir später wieder bereuen.
Daher scheint uns Ihre Frage, wie das Lachen zu erklären sei, auch tatsächlich besonders wichtig um nach alternativen Erklärungsmöglichkeiten Ausschau zu halten. Je länger man nämlich darüber nachdenkt, desto weniger plausibel erscheinen in Bezug auf Kleinkinder Erklärungen in Richtung „mein Kind will, dass ich mich über es ärgere" oder „mein Kind will mich gezielt provozieren und lacht über meinen Ärger" – geht es Ihnen auch so?
Mit den Gedanken: Lachen in dieser Situation ist eher ein Beschwichtigen, eine Verlegenheitsgeste oder zusätzlich ein Ventil, um Spannungen abzubauen, sind plötzlich ganz andere elterliche Reaktionen naheliegender als Schimpfen. Was halten Sie zum Beispiel von dieser:
Auf Augenhöhe gehen und sagen: „Ich sehe, das Klettern macht Dir ganz doll Spaß", Kind sanft aus der Gefahrenzone holen, Aufmerksamkeit umlenken, „jetzt wollen wir uns aber was Gutes kochen, schau mal, heute machen wir uns…". Vielleicht können Sie Ihr Kind altersgemäß mithelfen lassen, zum Beispiel Gemüse waschen, etwas umrühren. Oft lässt sich so bei Kindern das Gefühl wecken, einen wichtigen Beitrag zu leisten. Sie sind stolz auf sich. Noch kleinere Kinder lieben es, in der Küche zu „schuben". Damit ist eine Schublade mit ungefährlichen Dingen zum Ausräumen gemeint. So ist das Kind in Ihrer Nähe aber gleichzeitig beschäftigt. Der Kontakt zwischen Ihnen bleibt liebevoll, Ihr Kind bekommt ausreichend positive Aufmerksamkeit und wird für passendes Verhalten verstärkt. Ganz im Gegensatz zum Schimpfen, das zwar vom Kind mit Sicherheit als negativ empfunden wird, leider aber ebenso als verhaltensverstärkende Aufmerksamkeit wirksam ist. Sie verstärken jedoch eher das unerwünschte Verhalten.
Was eventuell auch zu bedenken ist: Müssen Sie tatsächlich mal ein ernstes Wort mit Ihrem Kind reden, sollten Sie dabei unbedingt authentisch, also ernst bleiben. Wenn Sie selber dabei lächeln oder lachen senden Sie sonst eine irritierende Doppelbotschaft im Sinne von „Ich schimpfe, aber was Du machst ist lustig".
Mitunter kann das Lachen Ihres Kindes auch eine Aufforderung zum Weiterspielen sein – vielleicht eine mögliche Erklärung für Ihr zweites Beispiel, in dem Sie vom gemeinsamen Spiel berichten.